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Grundlagen des Weiterbildungsmanagements

2.1.1      Verwendete Begriffe

2.1.1 Verwendete Begriffe

Die Begriffe "Erwachsenenbildung" und "Weiterbildung" werden in der Fachliteratur häufig synonym, in einzelnen Artikeln auch ergänzend verwendet.14Um den Begriff der Weiterbildung zugänglich zu machen, kann auf die Definition des Deutschen Bildungsrats zurückgegriffen werden. Demnach wird Weiterbildung „als Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“15verstanden. Die Konturen des Begriffes sind nach FRÖHLICH und JÜTTE, oder auch nach WEISSER jedoch unscharf und bedürfen weiterer Interpretation.16 Aus der Definition des Bildungsrats lassen sich für die Weiterbildung drei wesentliche Erkenntnisse ableiten:17

  • Es wird eine Unterscheidung zwischen Grundausbildung (erste Bildungsphase) und Weiterbildung (Wiederaufnahme des organisierten Lernens) vorgenommen.
  • Für Weiterbildung existiert nur eine Untergrenze – definiert durch Grundausbildung – aber keine weiteren Begrenzungen nach oben. Somit wird eine Kontinuität, wenn auch schwach, angedeutet.
  • Es wird in Zusammenhang mit Weiterbildung nur über das organisierte Lernen gesprochen.

Zunächst lässt sich Weiterbildung durch die traditionellen Lernorte –Hochschulen, Akademien etc. - definieren und lässt andere Lernwelten – wie z.B. Lernen am Arbeitsplatz oder Lernen durch neue Medien außer Acht.18 Diese institutionelle Definition wird über die räumliche Differenzierung als Weiterbildung im engeren Sinne verstanden.

Eine differenziertere Begriffsbestimmung der Weiterbildung stammt von der OECD. Dabei spricht das von der OECD gegründete Centre for Education Research and Innovation (CERI) über rekurrente19 Bildung oder „recurrent education“. Bildung soll nicht nur den ersten 30 Jahren des menschlichen Lebens vorbehalten bleiben, sondern vielmehr erstreckt sie sich auf die ganze Lebenszeit. Dabei geht man von einem ständigen Wechsel zwischen den Lebenswelten - Arbeit, Freizeit und Bildung - aus.20 Das Konzept der rekurrenten Bildung definiert eine Bildungsform basierend auf den ökonomischen und technologischen Wandel und setzt das Individuum – im Gegensatz zur Weiterbildung im engeren Sinne - in den Mittelpunkt der Bildung.

Ein stärker auf die Verbindung Wissenschaft und Bildung ausgerichteter Begriff – propagiert von der UNESCO21 – ist das lebenslange Lernen, lifelong learning oder Education permanente. In der öffentlichen Diskussion und für die Konzepte der Europäischen Union zur Weiterbildung dient das Konzept des lebenslangen Lernens als Grundlage. Dabei fasst das lebenslange Lernen eine Gesamtvision der Bildungsmöglichkeiten zusammen. Von der Erstbildung bis hin zur Weiterbildung sind die einzelnen Bildungsschritte nur einzelne Abschnitte, die sich in der individuellen Bibliographie gegenseitig ergänzen. “Jeder muss die Möglichkeit haben, während seines ganzen Lebens zu lernen. Die Idee permanenter Fortbildung ist der Grundstein der Lerngesellschaft“22 – so FAURE.

Zwei weitere Terminologien, die in der Weiterbildungsdiskussion immer wieder auftauchen sind: Andragogy oder Andragogik und self-directed learning oder Selbstgesteuertes Lernen. „Andragogik” definiert KNOWLES als „the art and science of helping adults learn”23. Andragogik bedeutet übersetzt „Männerführung“ die wohl nach REISCHMANN „nicht gemeint ist“.24Andragogik steht im Kontrast zu “Pädagogik”, die sich mit dem Lernen von Kindern beschäftigt.25 Andragogik ist die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, die sich mit Theorie und Psychologie der Erwachsenenbildung befasst. Das „Forschungsobjekt“ der Andragogik sind Erwachsene mit bestimmten Vorerfahrungen, die sich weiterbilden.26

Selbstgesteuertes Lernen als Konzept wurde von HOULE, TOUGH und KNOWLES propagiert.27 In dieser Konzeption steht der lernende Mensch im Mittelpunkt. Dabei wird er als Initiator und Organisator des eigenen Lernprozesses gesehen. Die Zielvorstellungen dieses Konzeptes sind die Förderung von Selbstbestimmung, Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung im Lernprozess.28 NEBER definiert selbstgesteuertes Lernen als „eine Idealvorstellung, die verstärkte Selbstbestimmung hinsichtlich der Lernziele, der Zeit, des Ortes, der Lerninhalte, der Lernmethoden und Lernpartner sowie vermehrter Selbstbewertung des Lernenderfolges beinhaltet“29. Selbstgesteuertes Lernen ist begründet durch das demokratische Selbstverständnis der Gesellschaft, aber auch durch die Wissensgesellschaft und durch den technologischen Fortschritt. Die Forderung nach mehr Selbststeuerung der Lernenden in den Unternehmen wie auch in den Weiterbildungseinrichtungen geht mit einer Fokussierung der Weiterbildung auf den Lernenden selbst einher.30 FAULSTICH und ZEUNER verankern im Kontext des lebensbegleitenden Lernens das selbstgesteuerte Lernen als eine Entlastung des Bildungssystems in den gesellschaftlichen Prozessen durch die Individualisierung, Desinstitutionalisierung und Deregulierung.31 Dies zeigt sich in den Freiheitsgrad der Wahl der Lernorte, -zeiten, -inhalte und –methoden.

Eine durch den Freiheitsgrad bedingte, funktionale Weiterbildungsdefinition propagiert WEISSER.32 Funktional weil er Weiterbildung „in Beziehung zu“ oder „in Bezug auf (etwas)“ setzt. Demnach wird Weiterbildung immer „in Relation zu (etwas)“ gesehen, wie z.B. Weiterbildung und Personalwirtschaft, Weiterbildung und Karriere oder Weiterbildung und Anbieter.

Alle diese Definitionen werden jedoch in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert.33 Eine manchmal willkürlich erscheinende Begriffsverwendung wie im obigen Modellen von WIESSER sowie ERPENBECK und SAUER, nämlich die synonyme Verwendung von „education“ (Bildung) und „learning“ (Lernen), eröffnen ebenfalls Begriffsdiskussionen.

Eine Klärung der Begriffe Bildung und Lernen liefern SCHALLER und SCHÄFER: Lernen ist gleichzusetzen mit der Übertragung extern vorhandenen Wissens in ein lernendes Subjekt. Lernen ist damit der Bildung untergeordnet und "...wird der Bildungstheorie Mittel für ihren Zweck...".34 Bildung selektiert die Güter, Lernen managt den Transport.35„Den Anforderungen des Wechsels gewachsen zu sein, ist das eigentliche Ziel von Bildung heute"36so BECKER. Dieses Bildungsverständnis verzichtet bewusst auf eine inhaltliche Füllung und definiert Bildung stattdessen formal-prozessual als Lernen des Lernens.37 Bildung – erklärt SIEBERT – „ist so gesehen die Fähigkeit des Selbsterkennens, die Bereitschaft zuzuhören, nachzudenken und dem besseren Argument zuzustimmen“38.

Lernen im Zusammenhang mit Weiterbildung wird in jüngster Vergangenheit als „lebenslanges oder lebensbegleitendes Lernen“39 verwendet.40Lebensbegleitendes Lernen ist ein kontinuierlicher Prozess, der nicht auf die berufliche Eignung begrenzt bleibt und auch geringer formalisierte Lernaktivitäten umfasst und über das ganze Leben eines Individuums vollzogen wird.41 Somit strebt das Konzept des lebensbegleitenden Lernens eine Gesamtvision der Bildungsmöglichkeiten an. Im Modell der akademischen Weiterbildung wird dies jedoch durch die formalisierte Durchführung durch Hochschulen begrenzt. Insofern sind Hochschulen aktive Beteiligten im Prozess des lebensbegleitenden Lernens, bedienen aber nicht alle Lernformen und –möglichkeiten einer Person. Vielmehr sind Stationen im Prozess des lebensbegleitenden Lernens.

Grundsätzlich lässt sich durch terminologischer Formulierungen wie rekurrente Bildung, lebensbegleitendes Lernen und lebenslanges Lernen eine allgemeine Bildungsidee darstellen, die versucht den Prozess des Lernens zusammenzuführen, in dem alle Bildungs- und Lernerfahrungen zusammengefasst werden und ein internalisiertes Verständnis von Lernen als natürliche Komponente des menschlichen Lebens symbolisiert (siehe Tabelle 2-1).42

Bezeichnung

Definition

Treiber

Inhalt

Weiterbildung im engeren Sinne

„Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“43

Deutscher Bildungsrat

Institutionelle Sicht mit Fokus auf die Unterscheidung zwischen Grundausbildung und organisiertes Lernen

Rekurrente Bildung

„ist die Verteilung eines gewissen Lernkontingents über das gesamte Leben hinweg, wodurch das Verhältnis von Bildung und Arbeit im Lebenslauf einer Person flexibilisiert und Arbeit und Bildung als Statuspassagen in ein Verhältnis des Alternierens transformiert würden.“44

OECD

Im Mittelpunkt steht das Individuum. Weiterbildung im Sinne einer wiederholten Folgeausbildung durch Loslösen vom starren Lebensabschnittsmodell 'Bildung-Arbeit-Freizeit-Ruhestand'.

Lebenslanges Lernen/ Lebens-begleitendes Lernen/ Lifelong learning

Jede zielgerichtete Lernaktivität, ob formal oder informal durchgeführt, mit dem Ziel der Verbesserung von Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen. Enthält formale und informelle Aktivitäten in verschiedenen Lernsettings (Lehrlingsausbildung, Schulen der zweiten Chance, am Arbeitsplatz oder extern etc.)45

UNESCO

Es umfasst Lernen über die gesamte Lebenszeit sowie an unterschiedlichen Lernorten wie z.B. dem Elternhaus, der Schule, in der Gemeinschaft und am Arbeitsplatz

Adult Education

“the process of adult learning”46

z.B. APPS, KNOWLES, MERRIAM und BROCKETT, SCHRÖDER

Fokussiert auf den Erwachsenenalter der Studierenden und dass der Lernprozess geplant oder zielgerichtet ist.

Andragogik/ Andragogy

“the art and science of helping adults learn”47

z.B. KNOWLES

die Wissenschaft der Erwachsenen-bildung

Selbstgesteuertes Lernen/ Self-directed Learning

„eine Idealvorstellung, die verstärkte Selbstbestimmung hinsichtlich der Lernziele, der Zeit, des Ortes, der Lerninhalte, der Lernmethoden und Lernpartner sowie vermehrter Selbstbewertung des Lernenderfolges beinhaltet“48

z.B. COOMBS,HOULE, TOUGH, KNOWLES

Der Lernende ist Initiator und Organisator des eigenen Lernprozesses

Tabelle 2-1: Begriffe der Weiterbildung49

Abschließend ist es festzuhalten, dass eine eindeutige Begriffsklärung der Weiterbildung gerade im internationalen Kontext nicht möglich ist. Die verwendeten Begriffe und Konzepte zeigen zwar Ähnlichkeiten gut, aber eine hundertprozentige Übereinstimmung ist nicht vorhanden. Aber „die Begriffe sind unverzichtbar, weil sie etwas Konkretes, über das man verallgemeinert sprechen möchte, bezeichnen“50 - betont WEISSER. GONON spricht sogar von „unübersichtlicher und vielgestaltiger“51 Theorielandschaft insbesondere im internationalen Kontext und LASSNIGG deutet auf die „fließenden Grenzen“ der Unterscheidungen hin52.

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